Die Fakten
Der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar kandidiert für den Platz 2 der Landesliste der Partei Die Grünen/Bündnis90 für die Bundestagswahl 2025. Gegen ihn wurden Vorwürfe der sexuellen Belästigung erhoben. Er verzichtete auf die Kandidatur und stellte gleichzeitig Strafanzeige. Es gibt 3 Verlierer: Stefan Gelbhaar, die Frauen und unsere Demokratie.
Gesicherte Fakten: keine, außer dass ein Mensch wirtschaftlich, gesellschaftlich und gesundheitlich ruiniert ist.
Warum ist das so? Mehrere Frauen hatten dem Sender rbb zum Teil anonym, zum Teil eidesstattlich versichert, von Gelbhaar sexuell belästigt worden zu sein. Dieser hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen, aber dennoch auf eine Kandidatur für die Landesliste verzichtet. ... Mittlerweile stehe fest, dass eine Person nicht existiert, für die sie sich ausgegeben habe, so der rbb. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert diese Frau gar nicht", hieß es. (tagesschau.de) Auch die Vermutung, dass es sich um einen innerparteilichen Machtkampf um Parlamentsmandate handelt zählt zu den nicht bewiesenen Vermutungen - ist aber nicht unwahrscheinlich.
Die Folgen:
- Eine Aussage über sexuelle Übergriffe, werden nicht mehr ernst genommen.
- Das Misstrauen gegenüber Frauen, die Vorwürfe erheben ist gewachsen.
- Aussagen, die anonym gemacht werden, bekommen den Anschein der Intrige.
- Nur noch Fragen, s. u. !
Die Verlierer: Warum die Frauen zu den Verlierern zählen ist klar. Gelbhaar auch, egal was jetzt dran ist. Im Raum steht das Wort Rufmord. Es wäre nicht der erste Mord, den Medien begehen. (A)soziale Medien haben diese Methode perfektioniert. Warum ist die Methode so gefährlich für uns alle?
Behauptungen die aufgestellt wurden, ohne einer Prüfung unterzogen worden sind, haben vernichtenden Charakter. Zahlreiche Beispiele belegen diese Gefahr:
- Auf den privaten Berreich beschränkt bleibt der Fall Kachelmann.
- Fachlich inkompetente Kinderbefragung in Sachen Kindesmissbrauch in Worms 1994-97 führen zu einem Entzug des Sorgerechts für ihre eigenen Kinder, zu langen Haftstrafen, die nicht alle überlebt haben.
- Julian Assange, Gründer der Nachrichtenplattform Wikileaks verbringt 14 Jahre in Gefangenschaft. Vorwurf der schwedischen Staatsanwaltschaft ist Vergewaltigung. Der Vorwurf wird Jahre später zurückgenommen. Freigelassen wurde er trotzdem erst Jahre später.
- Der damalige Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm wurde vom Bundesinnenministerium auf einen anderen Posten gesetzt – nachdem ein Medienbericht ihm Nähe zum Kreml bescheinigt hatte. Die Vorwürfe hatten sich nicht bestätigt. Hier wird die Rolle der Presse - gerade des Öffentlich rechtlichen Rundfunks - beim Transportieren von Fakes besonders deutlich.
- Wissenschaftler reisen 2024 zur Palästina-Konferenz. Politik und Medien werfen den Beteiligten, darunter ein hoch angesehener Arzt, Rektor der Universität Glasgow, Antisemitismus vor. Mit Polizeigewalt wird die Konferenz beendet. Einigen wird am Flughafen sogar die Einreise verwehrt. Es ist der klassische Fall politisch motivierter Fakes.
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Gemeinsames Merkmal: eine unbewiesene Behauptung, deren Gehalt sich später als falsch herausstellt und die Medien sind elementar daran beteiligt! Parlamentarische Demokratie und Diktatur unterscheiden sich in einem Merkmal deutlich: Diktatur ist ehrlicher!
Bewertung und Fragen: Es handelt sich um ein Totalversagen der Presse in Gestalt des rbb. Es reicht nicht, einfach alle Artikel über Gelbhaar aus dem Netz zu tilgen. Die journalistische Sorgfaltspflicht wurde eklatant verletzt. Es stellen sich folgende Fragen:
- Sind die Personen, die Vorwürfe gegen Gelbhaar erhoben haben, persönlich bekannt? Anonymität kann auch hergestellt werden, wenn nur die Redaktion die Namen kennt.
- Liegen der Redaktion eidesstattliche Erklärungen vor?
- Welche andere Glaubwürdigkeitsprüfungen hat der rbb vorgenommen?
- Um wie viele Personen handelt es sich?
- Warum haben die beschuldigenden Personen die Presse als Beschwerde-Instanz gewählt? Hat die Partei Die Grünen keine innerparteilich Anlaufstelle?
Die Zukunft und die Lösung des Problems:
- Die Anonymität ist keine Selbstverständlichkeit sondern muss begründet werden.
- Die Anonymität muss dann beendet werden, wenn die Beschuldigte Person Schaden erleidet- unabhängig von den Vorwürfen. Dabei gibt es unterschiedliche Stufen der Anonymität.
- Die Anonymität darf keine einseitige Angelegenheit sein. Auch der Beschuldigte hat dieses Recht.
- Jede Organisation - Unternehmen, Parteien, NGOs, Vereine ... müssen Vorsorge dafür treffen, das Personen wegen Übergriffen eine Anlaufstelle haben. Nicht alle Übergriffe sind strafrechtlich relevant. Dabei muss auch zwingend Vorsorge getroffen werden, dass die Vorwürfe nicht instrumentalisiert werden. Hinter einzelnen, bekannt gewordenen Beispielen (siehe oben) verbirgt sich eine hohe Anzahl von missbräuchlich verwendeten Vorwürfen.
Quellen:
- Bildquelle: Von nach den historischen Vorgaben digital gezeichnet und interpretiert von Mediatus, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48109191
Die ZEIT
tagesschau.de